Gerechtigkeit an Hofe des Harun Raschid
Jahrhunderte später, als die Zeit kam in der Kalifen wirklich nicht immer gerecht waren, herrschte der berühmte Kalif Harun Raschid. Seine Herrschaft ist bis heute hin bekannt, er war gerecht und fähig. Er förderte die Wissenschaft, die Kunst und die Armee. In seinem Reich erblühte eine neue Hochkultur. Aber einmal war er in einer Streitsache, in der ein Kadi zu entscheiden hatte. Der Kalif schickte seinen Wesir zum Kadi als Zeugen. Der Wesir kam unverrichteter Dinge zurück, denn der Kadi ließ ihn gar nicht erst als Zeugen zu. Harun Raschid war zwar gerecht, aber auch ein Mann der sich durchsetzten wollte. Ein Reich wie seines erforderte große Willensstärke und Dominanz vom Regierenden. Er ließ den Kadi herbeizitieren und sagte zu ihm: „Was fällt dir ein meinen Wesir nicht als Zeugen zu nehmen. Nach dem Gesetz ist er zulässig als Zeuge. Erkläre!“
„Ya Amir al Muminin! Im Zeugenstand sind keine Nachkommen und keine Sklaven erlaubt. Beide können der Verführung erliegen für ihren Vater oder Herrn falsches Zeugnis abzulegen.“
„Ja, aber ist der Wesir etwa mein Sohn oder mein Sklave? Offensichtlich nicht! Welche Entschuldigung hast du nun vorzubringen?“
„Nun, ich kann mich erinnern das ich einmal in den Thronsaal zu dir hereinkam und sah wie der Wesir nach einer von dir gegebenen Anordnung zu dir sagte: `Ich bin euer ergebener Sklave und Diener, mein Herr.’ Also ist er wohl euer Sklave. Aber ich dachte wenn er es nun nicht ist, dann ist das was er zu euch sagte eine Lüge. Und Lügner sind ebenfalls nicht erlaubt. Wenn er das zu dir nur sagte, würde er für eine
Gunst bei dir immer Lügen, so auch in diesem Fall. Daher erlaube ich ihn nicht als Zeugen. Mein Urteil ist gefällt. Nimm es an oder lass. Nach dem Gesetz hast du die Pflicht es anzunehmen. Wenn du deine Macht missbrauchst und nicht annimmst, werde ich diesen Sachverhalt wieder vor Gericht bringen, aber vor Dem Ewigen Richter am Tage des Gerichts.“
Harun Raschid war überwältigt von der Argumentation des Kadi und lies ihn in Ehren gehen. Ein solcher Kadi würde für sein Reich nur gut sein. Denn der Reichtum eines Staates gründet sich auch auf seine Gerechtigkeit.